Sie fahren täglich hunderte Kilometer auf der Autobahn, teilweise in der Nacht, sehen ihre Liebsten selten länger am Stück und ihre zweite Wahlheimat ist die Autobahnraststätte. Der Job des LKW-Fahrers ist anspruchsvoll und teilweise unattraktiv, trotzdem leben ihn viele Menschen mit Begeisterung. Doch wenn künftig immer mehr LKW teil- oder sogar gänzlich autonom auf unseren Straßen unterwegs sind, welche Aufgabe bleibt dann eigentlich noch für den Fahrer im Cockpit? Müssen LKW-Lenker vielleicht bald um ihre Jobs bangen? Ich habe darüber mit einem Logistik-Experten gesprochen, Helmut Prenner von COS Austria.

Vor ein paar Jahren durfte ich einen LKW-Fahrer einen Tag lang auf seiner Nahverkehrs-Tour quer durch Oberösterreich begleiten. Ich fand es einerseits irrsinnig spannend, einmal hinter die Kulissen zu blicken - gleichzeitig wusste ich nach diesem Tag, dass so ein Job für mich niemals infrage kommen würde. Hunderte Kilometer auf der Autobahn fahren, stundenlang im Stau stehen, zwischendurch snacken oder schlafen an der Raststation – zwar kommen LKW-Lenker an viele verschiedene Orte und werden auch gut bezahlt, doch der Preis dafür ist manchmal ziemlich hoch.
Gerade in letzter Zeit befindet sich das Berufsbild des LKW-Fahrers immer mehr in einer digitalen Umbruchphase. Die großen Logistikunternehmen haben in den letzten Jahren das enorme Potential des autonomen LKW erkannt und setzen jetzt alles daran, diese Technologie möglichst bald auf die Straße zu bringen. Dadurch würden die Betriebskosten für Speditionen enorm sinken - laut Studien sogar um bis zu 40 Prozent. Außerdem könnten die Unternehmen damit dem gewaltigen Fahrermangel entgegenwirken – immerhin fehlen allein in Deutschland zwischen 60 000 und 80 000 LKW-Fahrer.
LKW lenken künftig als „Nebenjob“
Schon jetzt gibt es im LKW-Verkehr Fahrerassistenzsysteme, die eigenständig lenken, bremsen und beschleunigen können. Trotzdem trägt nach wie vor der Fahrer die Hauptverantwortung über das Verkehrsgeschehen. Mit dem in der Fachsprache so genannten „Level 4 LKW“, der teilautonom fährt, könnte sich das bald ändern – dann könnten die Fahrer etwa während der Fahrt ihre gesetzlich vorgeschriebenen Pausen einlegen, ohne dafür extra eine Raststation anfahren zu müssen. Sie könnten sich ganz entspannt zurücklehnen oder sogar schlafen, während der LKW weiter selbstständig auf der Autobahn unterwegs ist. Der Extremfall wäre schließlich eine vollständige Fahrautomatisierung (Level 5): hier würden die Fahrer komplett ersetzt und Güter automatisch auf der Straße von A nach B transportiert. Die meisten Logistik-Unternehmen streben bei der Automatisierung ihrer LKW allerdings „nur“ Level 4 an. Helmut Prenner ist Logistik-Experte bei COS Austria und glaubt nicht daran, dass der Job des LKW-Lenkers künftig obsolet wird. „Zum Job eines Berufkraftfahrers gehört schließlich viel mehr als das Abspulen von Kilometern auf der Autobahn. Er ist ja auch verantwortlich für das Auf- und Entladen von Gütern, die Übergabe an den Kunden, das Sichern der Ladung, die Berechnung der Fahrtstrecke, diverse Formalitäten, die Wartung des LKW, etc. Das alles sind Tätigkeiten, die weiterhin von Menschen durchgeführt werden müssen.“ Also auch wenn ein LKW künftig zumindest teilautonom fährt, man wird wohl nicht umhinkommen, einen Menschen an Bord zu haben, der die Technik im Auge behält und notfalls eingreifen kann – schließlich sitzen ja auch im Flugverkehr noch immer zwei Piloten im Cockpit, obwohl der Autopilot theoretisch alleine fliegen könnte.
Neue Jobdescription: Transport-Manager
Doch wie wird der Job des LKW-Fahrers der Zukunft konkret aussehen – und wird er oder sie dann überhaupt noch LKW-Fahrer heißen? Vermutlich nicht. Eine passendere Berufsbezeichnung wäre wohl „On-Board-Manager“, „Transport-Manager“ oder „Remote driver“. Ein Zukunftsszenario: Während der LKW am Weg von Deutschland nach Frankreich stundenlang völlig autonom auf der Autobahn fährt, kümmert sich der On-Board-Manager in seinem fahrenden Büro um Dispositionstätigkeiten, die Datenpflege, plant anstehende Touren oder regelt Formalitäten für sein Speditionsunternehmen. Übrigens könnte laut Experten sogar irgendwann möglich werden, fahrende LKW aus der Ferne zu überwachen. Das würde für Fernfahrer sogar einen weitgehend fixen Arbeitsort bedeuten und ihnen gleichzeitig eine bessere Work-Life-Balance bescheren. Freilich ist das noch alles Zukunftsmusik. Die Aussichten für den LKW-Fahrer der Zukunft klingen auf jeden Fall schon jetzt ziemlich spannend.
