Ein Blick auf die Karte der website Marine Traffic zeigt ihn ganz deutlich: den Megastau im Hafen Shanghais. Schon seit Wochen „stapeln“ sich dort die Containerschiffe – Grund ist der erneute Corona-Lockdown der Chinesen aufgrund ihrer Null-Covid-Strategie. Erschwerend für den internationalen Warenfluss kommt noch der Ukraine-Krieg dazu. Aber was heißt das alles für die Waren, die dringend nach Europa sollen und für uns als Konsumenten? Stehen wir in ein paar Wochen vor komplett leeren Regalen?! Darüber habe ich unter anderem mit Rainer Will, Geschäftsführer beim österreichischen Handelsverband gesprochen.

Das muss man sich mal vorstellen: allein im Hafen von Shanghai sind im Jahr 2021 47 Millionen Container umgeschlagen worden – das ist mehr als an jedem anderen Ort der Welt. Aber was passiert, wenn der weltgrößte Hafen plötzlich wochenlang stillsteht?! Kein Container mehr ent- und beladen wird, keine Waren sich mehr zu uns auf den Weg machen? Dass das in den nächsten Monaten alles andere als lustig wird, liegt auf der Hand.
Grundsätzlich ist so eine schwierige Situation nicht neu, der internationale Seefrachtverkehr befindet sich schon seit zwei Jahren im Dauerkrisenmodus. Spätestens seit den ersten Corona-Lockdowns hat es immer wieder Störungen auf den internationalen Seerouten gegeben. Dann plötzlich die Blockade des Suez-Kanals vor ein paar Monaten. Durch den Megastau in Shanghai ist der Containerverkehr auf hoher See jetzt einmal mehr stark aus dem Ruder gelaufen. Die ersten Auswirkungen des Megastaus in Shanghai sind bereits in Europa zu spüren, sagen Experten - etwa mit wartenden Schiffen in Rotterdam oder Hamburg.
Elektronik, Kleidung, Fehlanzeige!
Schon jetzt ist klar: der Megastau in Shanghai wird sich in ein bis zwei Monaten auch in den europäischen Geschäftsregalen massiv auswirken. Denn immerhin werden extrem viele Waren aus China zu uns verschifft – Elektrogeräte, Spielzeug oder Kleidung sind da nur ein paar Beispiele. Auch der Halbleitermangel der letzten Monate könnte durch den Containerstau wieder hochkochen – das bedeutet einmal mehr Produktionsprobleme bei vielen Automobilherstellern und in anderen Industriebetrieben in Deutschland und Österreich. Außerdem werden viele Produkte noch teurer werden, denn irgendwann geht es nicht mehr anders - dann müssen Lieferanten die höheren Preise für Umwege, Wartezeiten und höhere Frachtraten draufschlagen, zur Not eben auf den Endpreis für den Konsument.
Größte Beschaffungskrise seit dem Zweiten Weltkrieg?
Wäre das nicht alles schon schlimm genug, trägt auch noch der Ukraine-Krieg seinen Teil zum weltweiten Lieferchaos bei. Experten sprechen daher teils jetzt schon von der größten Beschaffungskrise seit dem Zweiten Weltkrieg. Auch beim österreichischen Handel ist die Stimmung zur Zeit alles andere als entspannt. Acht von zehn (!) Handelsbetrieben kämpfen aktuell mit Lieferschwierigkeiten oder Lieferausfällen, insbesondere bei Verpackungsmaterialien und Rohstoffen wird es eng, sagt Rainer Will, Geschäftsführer des österreichischen Handelsverbands. Er schätzt, dass wir die Auswirkungen von Krieg und den aktuellen Lockdowns vermutlich auch noch im Jahr 2023 spüren werden. Gibt es in der Zwischenzeit eigentlich eine Lösung für den Hafenstau? Jein. Als Alternative kommen nur die Bahn und das Flugzeug infrage (sofern das durch den Ukraine-Krieg gerade möglich ist). Allerdings sind beide Transportmittel teurer – und das heißt letztendlich für uns Konsumenten, dass wir noch einmal tiefer in die Tasche greifen müssen.
Fazit: Die nächsten Monate sehen nicht sehr rosig aus: – einerseits, was die Verfügbarkeit von Waren betrifft, andererseits finanziell: die Preise werden weiter steigen und die Inflation bleibt weiter auf einem Rekord-Hoch.
