Jedes Mal, wenn ich im Supermarkt vorm Obst- und Gemüseregal stehe, geht es mir gleich: Ich lese beim Apfel „Herkunft: Südafrika“ und sofort zieht sich mein Magen zusammen. Und jedes Mal denke ich mir: „Das MUSS doch einfach nicht sein, oder?!“ So etwas kann sich doch in Zeiten der Klimakrise nicht mehr ausgehen – dass Lebensmittel einen solch riesigen CO2-Rucksack umgehängt bekommen? Wie wirken sich Lebensmitteltransporte eigentlich insgesamt auf die Klimabilanz aus? Ich habe nachgefragt , bei Christian Gratzer von der Mobilitätsorganisation VCÖ - Mobilität mit Zukunft.

Wenn das knusprige Wiener Schnitzel vor uns am Teller liegt, hat es meistens schon eine lange Reise hinter sich: von der Mast zum Schlachthof, vom Schlachthof zum Supermarkt und dann noch zu uns nach Hause. Doch so richtig in sich haben es die Futtermittel, die das Schnitzel früher einmal gefressen hat – Österreich importiert immerhin jedes Jahr zwischen 400 000 und 555 000 Tonnen Sojaschrot, hauptsächlich aus Südamerika. Das bedeutet: 12 000 Kilometer Anreise für das Futtermittel von Nutztieren!
Weitgereiste Lebensmittel als CO2-Schleudern
Auch Obst und Gemüse aus dem Supermarkt legen täglich Rekord- Distanzen zurück: eine Kiwi etwa hat knappe 18 000 Kilometer hinter sich, wenn sie aus Neuseeland einfliegt, chilenische Pflaumen sind mit 14 000 Kilometer ebenfalls Weltreisende, genauso wie Äpfel aus Südafrika, die stolze 12 000 Kilometer auf dem Buckel haben, bevor sie bei uns neben den heimischen Äpfeln im Regal landen. Absurd, oder?! Auch in Deutschland machen Lebensmittel aus fernen Ländern über zwei Drittel (!) des Transportaufwands aller konsumierten Lebensmittel aus – und wir wissen doch mittlerweile alle: je mehr Transport, desto mehr Benzinverbrauch, desto mehr Schadstoffausstoß. Importierte Lebensmittel verbrauchen rund 11-mal mehr Primärenergie wie Benzin oder Diesel und stoßen auch 11-mal so viel Kohlendioxid aus. Für 1 Kilogramm Gemüse aus Übersee könnten immerhin 11 Kilogramm Gemüse innerhalb Deutschlands transportiert werden – im Vergleich mit dem Flugzeug sind es sogar fast 90 Kilo!
Größter Klimasünder: Flugzeugtransport
Nicht nur die Herkunft der Lebensmittel, sondern auch wie sie transportiert worden sind, trägt natürlich wesentlich zu ihrer Klimabilanz bei. Das Flugzeug als Transportmittel schneidet hier eindeutig am schlechtesten ab. Doch woher weiß ich als Konsument:in, welche Lebensmittel per Flieger anreisen? Meistens leicht verderbliche, heißt es dazu vom VCÖ. Und weil es gerade noch zur Jahreszeit passt: ein Kilogramm Spargel aus Südamerika belastet das Klima mit 17 000 Gramm Treibhausgasen – zum Vergleich: wenn der Spargel vom heimischen Feld kommt, sind es „nur“ 60 Gramm. Bei der CO2-Problematik durch Lebensmittel sind aber natürlich nicht nur wir als Konsument:innen, sondern auch die heimischen Supermarktketten massiv in der Pflicht, sagt VCÖ-Experte Christian Gratzer. "Wir appellieren schon länger an die Lebensmittelhändler, nicht ein paar Wochen bevor ein Gemüse oder Obst bei uns sowieso Saison hat, genau dieses Produkt aus Übersee zu importieren und das dann auch noch als lukratives Angebot zu verkaufen. Apropos Angebot: Nicht die Nachfrage bestimmt das Angebot, sondern das Angebot die Nachfrage“, betont Gratzer.
Der VCÖ kritisiert außerdem, dass etwa LKW-Transporte quer durch Europa nach wie vor viel zu billig sind. So zahlt der LKW-Verkehr derzeit etwa nicht für die dadurch entstehenden Umwelt- oder Infrastrukturschäden. Das machen nämlich nach wie vor schön brav wir alle als Steuerzahler. Die Folge: LKW-Transporte quer durch Europa sind weiterhin äußerst lukrativ und es rechnet sich daher sogar, die Butter extra aus Irland abzuholen. Gerade hier braucht es im Hinblick auf die Klimakrise strengere gesetzliche Regelungen. Langfristig gesehen kann sich dieser CO2-Irrsinn beim Lebensmitteltransport jedenfalls nicht mehr ausgehen.
Aber was können wir letztendlich als Konsument:innen tun? Natürlich unbedingt darauf achten, was bei uns im Einkaufskorb landet. Einmal mehr gilt hier die Devise: bio, regional und saisonal. Außerdem sollten wir wieder viel öfter beim Nahversorger im Ort einkaufen, wo wir für die Anreise kein Auto brauchen. Alles ganz nach dem Motto: back to the roots.