Geht mein Flug, ist er verspätet oder sogar gecancelt? Dieser Sommer wird mit Sicherheit spannend für alle, die wegfliegen wollen – hören wir doch seit Wochen quasi nonstop von chaotischen Zuständen an den Flughäfen. Grund ist der starke Personalmangel, hauptsächlich coronabedingt. Auch in der Luftfahrtbranche ist die Situation nicht viel anders: Fachkräfte fehlen auch hier an allen Ecken und Enden. Doch grundsätzlich ist die Prognose für die Air Cargo sehr gut, sie ist einer der Gewinner der Krise. Wenn jetzt auch noch die richtigen Schritte bei Digitalisierung, Personal und alternativen Antrieben gesetzt werden, könnte die Luftfracht einmal mehr zum Überflieger werden.

Schon jetzt wird entlang der Luftfracht-Kette immer öfter mit Künstlicher Intelligenz gearbeitet – sie ist die Voraussetzung dafür, dass bestimmte zukunftsweisende Technologien überhaupt getestet und später effizient eingesetzt werden können. KI findet sich in der Air Cargo zum Beispiel für Prognosen, das Packen von Behältern oder die Prozessüberwachung. Durch die KI werden künftig auch Autonome Fahrzeuge, Robotics oder Augmented Reality eine noch bedeutendere Rolle spielen. Das Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik erforscht schon länger, wie die Flughafenlogistik der Zukunft aussehen kann. Durch die Corona-Krise, den Ukraine-Krieg und den Fachkräftemangel hat das Thema aber definitiv noch einmal an Brisanz gewonnen, sagt Dr.-Ing. Harald Sieke, Abteilungsleiter für Luftverkehrslogistik. Dazu kommt noch die Klimaproblematik und der damit verbundene Druck, möglichst schnell nachhaltige Antriebsformen zu entwickeln. Seit September 2021 gibt es das so genannte „Digitale Testfeld Air Cargo“, das unter anderem Effizienz, Vernetzung und Digitalisierung in der Branche steigern soll und vom Fraunhofer Institut IML federführend bearbeitet wird. „Wir wollen die Luftfracht digitaler und effizienter machen. Deshalb erarbeiten wir an den deutschen Flughafenstandorten digitale Lösungen, die die Luftfracht beschleunigen und somit auch die Emissionen von Luftfracht reduzieren können.“
Konkretes Beispiel „baggage transport“: Derzeit sind Flughafenmitarbeiter für die Beladung der Gepäcksbänder zuständig. Diesen Knochenjob könnte (auch aufgrund des Fachkräftemangels) künftig ein Roboter übernehmen. Der muss aber erst einmal „angelernt“ werden, bis er schließlich einsatzbereit ist. Das wiederum geschieht mithilfe eines digitalen Avatars, erklärt Dr. Sieke.
Flugzeug-Bauweise + Antrieb entscheidend für die Infrastruktur
Die Luftfrachtlogistik der Zukunft hängt auch maßgeblich von der Bauweise künftiger Flugzeuge ab. Ist das Flugzeug der Zukunft z.B. ein so genannter „Nurflügler“, also ein fliegendes V, so braucht es andere Frachtbehälter, als wenn die Form relativ gleich bleibt, so der Luftfracht-Experte. Bleibt noch die Frage: wie werden die Frachtflugzeuge der Zukunft angetrieben?
Hier gibt es bereits sehr spannende Ideen – durch spezielle Oberflächen, zb. eine so genannte „Haifischhaut“, könnte etwa bei herkömmlichen Flugzeugen der Luftwiderstand reduziert und so umweltschädliches Kerosin eingespart werden. Schon jetzt werden zum Antrieb von Flugzeugen aber auch sehr vielversprechende Kerosin-Alternativen eingesetzt, etwa der so genannte SAF (sustainable aviation fuel). Langfristig wären natürlich Elektro- oder Wasserstoff-Flugzeuge die „sauberste“ Lösung, doch bis große Frachtflugzeuge zur Gänze elektrisch fliegen, wird es definitiv noch länger dauern – momentan scheitert es hauptsächlich daran, dass die benötigten Batterien viel zu schwer für die Flieger sind. Eine Zwischenlösung für die Luftfrachter wären daher Hybridantriebe, die den benötigten Batterie-Strom mit Wasserstoff oder Efuel erzeugen.
Die gute Nachricht: Kleinflugzeuge, die ausschließlich mit Batterie fliegen, gibt es schon. Das Unternehmen DHL will bereits ab 2024 elektrisch abheben. Der Versandriese hat zwölf Elektroflugzeuge des Typs „Alice“ bestellt und plant den Aufbau des ersten elektrischen und somit völlig emissionsfreien Luftfracht-Netzwerks. „Alice“ soll Geschwindigkeiten von mehr als 400 Stundenkilometern erreichen und eine Reichweite von 815 Kilometern haben. Mit dem Flieger könnten übrigens nicht nur Frachten, sondern sogar Passagiere transportiert werden.
