Geschredderte Haushaltsgeräte, eingestampfte Smartphones oder makellose Kleidung, die vernichtet wird - wenn wir im Online-Shop auf „Retournieren“ drücken, denken wir selten darüber nach, was eigentlich mit den Produkten passiert, die wir zurückschicken. Händler weltweit kämpfen nicht erst seit Corona mit der Retourenflut von Online-Bestellungen.

Versandriesen wie Amazon sind hier in den letzten Jahren ziemlich in Verruf geraten, hier waren riesige Zerstörungslager für Rücksendungen im Einsatz. Mittlerweile, betont das Unternehmen, hätte man aber eine ganze Reihe an Wiederverwertungs-Programmen für Restposten umgesetzt. Generell passiert in Zeiten der Klimakrise bei immer mehr Herstellern ein Umdenken, immerhin wollen sie keine Image-Schädigung durch Social-Media-Shitstorms provozieren. Deshalb entstehen mittlerweile auch immer bessere Wiederverwertungsprogramme für Restposten – dazu gehören etwa ein verbilligter Verkauf von Retouren, Produktspenden an Hilfs-Organisationen, Recycling oder die Veräußerung an Aufkäufer.
Bestellwahnsinn „Bracketing“
Die Möglichkeit, Waren auch wieder zurückschicken zu können, ist nach wie vor für viele Konsument:innen kaufentscheidend. Trotzdem wehren sich immer mehr Online-Händler gegen die Retourenflut, spätestens, seit Phänomene wie „Bracketing“ Einzug gehalten haben: Dabei kaufen Shopper immer gleich mehrere Varianten eines Artikels, um später unpassende Größen oder Farben kurzerhand wieder zurückschicken. Generell sind Kleidung und Textilien die „Problemkinder“ im Online-Handel. Fast jeder zweite (!) im Netz bestellte Artikel tritt wieder den Rückweg an. Die gute Nachricht: Zerstört oder entsorgt wird mittlerweile nur noch wenig – laut einer Studie des Kölner EHI Retail Institute können immerhin rund 70 Prozent der retournierten Artikel als A-Ware wiederverkauft werden, bei Mode sind es sogar 80 Prozent. Trotzdem ist und bleibt der Retouren-Wahnsinn einerseits umwelttechnisch eine Katastrophe (verstärkter Transportaufwand, mehr Verpackungsmüll, etc.), andererseits auch ein riesiger Geldfresser. An erster Stelle bei den Händlerkosten liegt die Qualitätssicherung, also die Prüfung und Sichtung der zurückgeschickten Produkte, sagt Handelsforscher Thomas Kempcke. Danach kommen Versand und Transport und an dritter Stelle rangieren die Reinigungs- oder Reparaturkosten.
Auswege aus dem Retouren-Dilemma
In den USA beispielsweise ist „buy online and return in store“ mittlerweile die beliebteste Option zur Produkt-Rückgabe. Händler haben dadurch die Möglichkeit, Retour-Waren zu bündeln und als Gesamtpaket in ihre Sortierzentren zurückzuschicken. Das spart Kosten und ist wesentlich umweltfreundlicher. Immer öfter etablieren sich auch eigene Start-Ups für die Waren-Rückgabe: „Happy returns“ etwa betreibt in den Vereinigten Staaten zahlreiche Rückgabestellen in Shopping Malls oder Supermärkten, wo Kund:innen online gekaufte Waren diverser Marken zum Teil sogar unverpackt zurückgeben können.
Algorithmen für Kundenbedürfnisse
Wir Kund:innen sind natürlich ebenfalls im Dilemma. Denn einerseits setzen wir insgesamt immer mehr auf Nachhaltigkeit, andererseits wollen wir aber dann doch weiter ganz bequem von der Couch aus bestellen. Das bedeutet für die Zukunft: Online-Händler müssen umweltbewusster werden und neben einer hoffentlich bald gänzlich co2-neutralen Zustellung auch das Thema Retouren nachhaltiger angehen. Kluge Versuche diesbezüglich gibt es ja: so wird etwa in diversen Webshops mithilfe intelligenter Algorithmen auf die speziellen Bedürfnisse von Problemkund:innen eingegangen. Schickt jemand zum Beispiel immer wieder Hosen derselben Marke zurück, weil ihm der Schnitt einfach nicht steht, so werden sie ihm künftig einfach nicht mehr als Erstes vorgeschlagen und dadurch die Retourenquote gesenkt. Wobei, hier würde vermutlich auch schon eine Portion Hausverstand helfen ;)
